Beschluss: zur Kenntnis genommen

Ausschussvorsitzender Goda übergibt den Vorsitz an KTA Spille.

 

KTA Spille begrüßt die Leiterin des Gesundheitsamtes Frau Sandra Guhe.

 

Landrat Winkel gibt einen kurzen Ausblick auf die folgenden Vorträge zur Pandemielage COVID-19 (Coronavirus) im Landkreis Vechta. Seit einem Jahr gebe der Landkreis tägliche Pressemeldungen heraus und das Gesundheitsamt betreibe eine aufwändige Kontaktnachverfolgung. Am 15.12.2020 sei das Impfzentrum des Landkreises in Betrieb gegangen. Die vom Land zur Verfügung gestellte Hard- und Software sei dabei unzureichend, so dass auf eigene Kosten weitere Geräte angeschafft werden mussten. Die Vorgaben des Landes seien nicht aufeinander abgestimmt und unklar formuliert, so dass die Bewältigung der Aufgaben vor Ort erheblich erschwert werde. Das zentrale Terminmanagement des Landes funktioniere nicht zufriedenstellend. Gerade zu Beginn der Impfung der über 80 Jährigen habe es große Probleme gegeben, die vor Ort auszugleichen waren. Der Landkreis habe Testzentren aufgebaut. Die Inzidenzzahl alleine sei nicht aussagekräftig für das Ausmaß der Ausbreitung. Um die Schwererkrankten zu erreichen, habe der Landkreis das Impfen im Hausärztemodell konzipiert. Die wirtschaftlichen Folgen seien noch unklar.

 

Amtsleiterin Guhe teilt mit, dass aktuell der Inzidenzwert bei 135 liege. Die Inzidenzzahl im Landkreis sei hoch aber konstant. Andere Regionen mit niedrigen Inzidenzzahlen hätten einen starken Anstieg zu verkraften. Die Pandemielage sei zur Zeit noch beherrschbar.

 

Aktuell sind laut Guhe 359 Personen infiziert und 872 in Quarantäne. 87 Personen sind an den Folgen der Viruserkrankung gestorben und 5.842 sind als genesen gemeldet. 21.200 Personen sind aus der Quarantäne entlassen worden. Das Durchschnittsalter der Infizierten ist von 45 auf 36 gesunken. Die Verläufe werden zunehmend gefährlicher. Es handelt sich um eine neue Art der Pandemie. Die Infektionsdauer ist länger. Aus der Quarantäne wird erst mit negativem Testergebnis entlassen. Ein Problem der neuen Variante ist, dass auch noch nach 14 Tagen Quarantäne eine Infektion ausbrechen kann.

 

Die Ansteckung im privaten Umfeld gibt sie mit 50 % an. Bei den Betriebsbesuchen muss darauf hingewiesen werden, dass Pausen in unzureichend belüfteten Räumen gerade bei der britischen Variante ein hohes Ansteckungspotenzial bergen. Ausbrüche in großen Familien haben hohe Fallzahlen zur Folge.

 

AL Guhe führt aus, dass die ersten beiden Infektionsfälle am 09.03.2020 in Neuenkirchen-Vörden aufgetreten sind. Im Vergleich zu heute war die erste Welle niedrig. Für die zweite Welle im Herbst 2020 macht Guhe die hohe Reisetätigkeit der Einwohner, z. B. Reisende mit Migrationshintergrund und Geschäftsreisende verantwortlich. Nachdem im November die Fallzahlen gesunken sind, kam es zu Weihnachten 2020 zu einem Ausbruch in mehreren Wohngruppen. Die Mutationen sind im Februar 2021 hinzugekommen. Sie erläutert den hohen Verwaltungsaufwand, wenn sehr viele Menschen gleichzeitig in Quarantäne zu versetzen und tw. bis zu 2.500 Menschen in Quarantäne zu betreuen sind. Mit dem Symptomtelefon nimmt das Gesundheitsamt Kontakt zu den Personen in Quarantäne auf und befragt die Betroffenen zu ihrem Befinden und ihren Symptomen. Für die Überprüfung der Einhaltung der Quarantäne ist mindestens ein Kontrollbesuch vorgesehen. Anhand von Tabellen weist Guhe darauf hin, dass der Landkreis viel testet. Im Verhältnis zur Zahl der Positiven fällt die Sterbezahl niedriger aus als in benachbarten Landkreisen und Städten.

 

Sie berichtet, dass die Kontaktermittlung dank der eigens dafür eingestellten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gut funktioniert trotz hoher Belastung. Es sei eine Entwicklung zu beobachten, dass die Quarantäne-Beschränkungen nicht mehr so gut akzeptiert werden.

 

Im Anschluss an die Ausführung von Guhe folgen weitere ausführliche Vorträge von Landrat Winkel, Erstem Kreisrat Heinen und Kreisrat Böckenstette. Landrat Winkel erläutert die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten des Infektionsschutzes als staatliche Aufgabe, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie seit Beginn stellt Kreisrat Böckenstette dar und die Organisation der Krisenstrukturen, die Vorgehensweise beim Impfen, die Eckdaten zum Impfzentrum in Lohne und die Testmöglichkeiten im Landkreis werden von EKR Heinen vorgestellt. Die Präsentation enthält darüber hinaus weitere Ausführungen der Leiterin des Gesundheitsamtes und wird dieser Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Die Fragen des SPD-Antrages vom 25.02.2021 greift EKR Heinen auf. Die Fragen 1 und 2 sind mit den Vorträgen beantwortet worden.

 

Zu Frage 3 teilt EKR Heinen mit, dass seit Februar 2021 die Mutationen auf einen Anteil von 70 bis 80% gestiegen sind.

 

Zu Frage 4 teilt EKR Heinen mit, dass weitere Mutationen im Landkreis nicht bekannt sind.

 

Zu Frage 5 erläutert EKR Heinen, dass etwa 46% der Infizierten nach eigenen Erhebungen einen Migrationshintergrund haben. Rund die Hälfte aller Infizierten ist berufstätig. Minderjährig sind rund ein Fünftel aller Infizierten.

 

Auf die Frage 6 nach der Wohnsituation gibt EKR Heinen an, dass derzeit die Altenheime, Krankenhäuser und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen nicht betroffen sind. Der Großteil der Infizierten lebt in Familienstrukturen. Dabei entfallen auch vereinzelnd Fallzahlen auf große Familien mit Migrationshintergrund.

 

EKR Heinen gibt einen Überblick zu Frage 7 nach den vom Jugendamt beobachteten Auswirkungen der Pandemielage COVID-19 (Coronavirus). Aus den hierzu zusammengetragenen Daten kann ein erhöhtes Aufkommen an Meldungen über Kindeswohlgefährdungen und eine sinkende Zahl von Inobhutnahmen abgeleitet werden. Eine sichere Abhängigkeit von Auffälligkeiten zu den Lockdown-Beschränkungen kann seitens des Jugendamtes nicht festgestellt werden. Um die Belastungen in schwierigen Familiensituationen aufzufangen, setzt das Jugendamt mehr sozialpädagogische Familienhilfen ein.

 

Auf die Frage 8 nach den Ursachen für Kommunen mit überdurchschnittlichen Fallzahlen geht EKR Heinen wie folgt ein. Für jedes Ereignis kann das Gesundheitsamt einen Zusammenhang mit einem konkreten Ausbruchsgeschehen herstellen:

 

Goldenstedt                 Januar 2021                Altenheim

Vechta                         Oktober 2020              Altenheim

                                    Dezember 2020          Betreuungseinrichtung

Lohne                          Juni 2020                    Großschlachterei

                                    August 2020                Trauerfeier

Visbek                         Februar 2021              Mutation

Holdorf                         Februar 2021             Mutation

 

Zu Frage 9 stellt Guhe richtig, dass der höchste Inzidenzwert Ende 2020 bei 203 lag. Guhe widerlegt die Annahme eines gezielten Testens zur Vermeidung hoher Fallzahlen. Sie betont, dass das Gesundheitsamt das häufige Testen als Mittel zur Eindämmung der Pandemielage COVID-19 (Coronavirus) einsetzt. Nur so und mit der Kontaktnachverfolgung können Infizierte in die Quarantäne versetzt und eine weitere Ausbreitung unterbunden werden. Gerade das Testen zu reduzieren ist aus Sicht von Guhe sehr gefährlich. Dann könne die Pandemielage schnell außer Kontrolle geraten. Nach dem Lockdown im Dezember sei gerade mit dem konsequenten Testen und der Kontaktnachverfolgung erreicht worden, dass die Fallzahlen zurückgingen.

 

Zu Frage 10 weist Guhe darauf hin, dass beim Ausbruch im Altenheim in Vechta im Oktober 2020 erstmals Reihentestungen durchgeführt und das Tragen von FFP2 – Masken angeordnet worden sind. Die Reihentestung wird in der Einrichtung weiter fortgesetzt.

 

Die Frage 11 nach dem Katastrophenfall beantwortet Landrat Winkel. Am 28.03.2020 hat der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite ausgerufen. Weil sich die Pandemielage auf das ganze Land erstreckt, kommt ein Katastrophenfall begrenzt auf das Gebiet des Landkreises nicht in Betracht. Auch das Land hat keinen Katastrophenfall festgestellt. Die Bekämpfung der Pandemie unterliegt den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Die klassischen Akteure der Katastrophenbewältigung, wie z.B. Feuerwehren sind derzeit nicht heranzuziehen. Für die Pandemiebekämpfung hat der Landkreis eine Stabstruktur entwickelt. Daneben sei eine weitere Struktur von Katastrophenschutzstellen nicht erforderlich und würde als Parallelstruktur stören.

 

Auf die Frage 12 nach Schnelltests für Betreuungseinrichtungen für Kinder antwortet EKR Heinen, dass das Testen wie im Vortrag dargelegt vom Landkreis stark vorangetrieben wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Tests geschultes Personal eingesetzt werden kann. Eigentests sind erst seit dem 01.03.2021 zugelassen. Für die Beschäftigten der Kinderbetreuungseinrichtungen hat dabei der Landkreis eine erste Schutzimpfung veranlasst und verschiedene Möglichkeiten der Testungen bei den Hausärzten, Apotheken und kommunalen Testzentren eingeräumt.

 

Zu Frage 13 bezüglich des Impfens im Landkreis Vechta führt EKR Heinen folgendes aus: die Menge an Impfstoff wird nach dem Einwohnerschlüssel verteilt, so dass Nachbarkreise mit höherer Einwohnerzahl entsprechend mehr Impfdosen erhalten. Insgesamt sind im Landkreis Cloppenburg rund 1.300 Personen mehr geimpft. Während der Landkreis Cloppenburg bereits am 27.12.2020 eine erste Lieferung erhalten hat, ist die erste Lieferung am 04.01.2021 nach Vechta gegangen. Für die Krankenhäuser in Osnabrück, Oldenburg und Hannover hat es aus nicht genannten Gründen Sonderzuteilungen gegeben. Frühzeitig hat der Landkreis veranlasst, dass seitens des Landes verfügt wurde, dass Impfwillige sich an das für sie zuständige Impfzentrum wenden müssen.

 

Eine eigene Impfhotline des Landkreises ist nicht möglich, weil an das Terminplanungssystem des Landes auch das Logistikmodul und das RKI-Modul geknüpft ist. Seitens des Landes ist es nicht zugelassen, dass der Landkreis Einzeltermine selber einbucht. Lediglich für die mobilen Impfteams hat das Impfzentrum die Berechtigung, Gruppentermine hochzuladen.

 

Der Landkreis hat mehrere Bürgertelefone geschaltet, um das Terminchaos des Sozialministeriums zu managen, Fragen zu beantworten und Informationen zu geben. Das Impfpatenmodell des Landkreises Vechta ist von zahlreichen anderen Landkreisen übernommen worden. Im Rahmen der bereitgestellten Möglichkeiten hat der Landkreis das Anmeldeverfahren soweit wie möglich bürgerfreundlicher gestaltet. Warum das Land auf ein zentrales Terminreservierungssystem setzt und nicht auf ein dezentrales Anmeldeverfahren erschließt sich für den Landkreis nicht. Leider hängt die Zuteilungsmenge des Impfstoffes nicht von der Größe der Priorisierungsgruppe ab. Der Fortschritt beim Impfen in Vechta ist mit dem in Cloppenburg zu vergleichen. Dabei ist im Landkreis Vechta bereits die Gruppe der Ärzte, Zahnärzte und Therapeuten geimpft.

 

Mit Frage 14 wird die Beschaffung von Masken und anderem Schutzmaterial angesprochen. KR Böckenstette führt hierzu aus, dass zu Beginn der Pandemie COVID-19 (Coronavirus) schnell klar wurde, dass ein großer Mangel an Atemschutzmasken, insbesondere FFP2-Masken besteht. Um die vorrangige Versorgung der Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime und Ärzte sicherzustellen, wurde zunächst eine kurzfristige Bedarfsabfrage unternommen. Am 08.04.2020 hat der Kreisausschuss einen Betrag von 865.000 € bewilligt für die Beschaffung von z.B. 450.000 FFP2-Masken. Es konnten aufgrund der Lieferengpässe lediglich 270.000 FFP2-Masken beschafft werden. In der Folge sind davon rund 30.000 FFP2-Masken für insgesamt 85.000 € abgerechnet worden. Weil die Lieferengpässe nicht mehr bestehen, werden aktuell die Lagerbestände des Landkreises nicht mehr nachgefragt. Mit Zustimmung des Kreisausschusses soll das weitere Vorgehen über die kostenlose Abgabe des Lagerbestandes an die Kommunen und an die Schülerbeförderung geregelt werden. Dabei sind für die Abgabe von nicht zertifizierten Masken zuvor besondere Erlaubnisse für das Inverkehrbringen einzuholen.

 

KR Böckenstette geht noch auf die Verwendungszahlen der Masken ein. Knapp 37.000 FFP2-Masken und 18.000 OP-Masken sind aktuell an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime und ambulante Tagespflegeeinrichtungen ausgegeben worden.

 

Abschließend weist KR Böckenstette darauf hin, dass der Landkreis fortwährend den Lagerbestand kommuniziert und angeboten hat.

 

KTA Spille bedankt sich für die Ausführungen.

 

KTA Goda bewertet die SPD-Anfrage kritisch. Seit einem Jahr sei die Kreisverwaltung mit der Bekämpfung der Pandemie COVID-19 (Coronavirus) befasst. Dabei sieht er Fehler auf Seiten der Landesbehörden und Ministerien. Die Corona-Verordnungen sind unklar formuliert und das Agieren der Ministerien für Inneres, Soziales und Gesundheit und Kultur wenig aufeinander abgestimmt. Dem Landkreis sei es nicht erlaubt, Lockerungen einzuführen. Spielraum sei nur eingeräumt für Verschärfungen bei den Corona-Verboten. KTA Goda bedauert die Schwierigkeiten bei der Impfterminvergabe und sieht hier die ausschließliche Verantwortung beim Land. Unverständlich für KTA Goda ist die Bemessung der Impfdosen nach Einwohnerschlüssel und nicht nach Größe der Priorisierungsgruppe. KTA Goda würdigt die geleistete Arbeit der Kreisverwaltung und wirbt dafür, dass Lockerungsmodelle nicht ausschließlich in den Großstädten sondern auch in der Fläche erprobt werden können.

 

KTA Dr. med. Kiene-Schockemöhle schließt sich den Ausführungen des KTA Goda an und bedankt sich für die Vorträge.

 

KTA Knospe bedankt sich ebenfalls für die vorgetragenen ausführlichen Vorträge und betont die Bedeutung des Antrages der SPD-Fraktion. Nach einem Jahr der Bekämpfung der Pandemie COVID-19 (Coronavirus) sei es richtig, das Vorgehen des Landkreises zu hinterfragen.


Der Ausschuss nimmt die Ausführungen zu Kenntnis.